Eher ungewohnt ist es, dass wir dieses Jahr nicht mobil unterwegs sind, sondern ein wunderschönes Häuschen in Island gemietet haben. Es gibt also nicht mehr eine solche Jagt nach den Nordlichtern wie letztes Jahr. Deshalb sind wir auf gutes Wetter an unserem Standort angewiesen… Ich verspreche mir jedoch es etwas ruhigere Ferien, mal schauen was daraus wird 😉
Dienstag
Der Pilot meldet sich zum Landeanflug. Wir durchbrechen die Wolkendecke und geniessen die Aussicht auf die isländische Küste. Vor uns ist sich eine Schweizerin nicht sicher, ob das die Hebriden oder Island ist. Tja, wenn das die Hebriden sind, wäre Island im letzten Jahr stark Richtung Europa abgedriftet…
Dieses Jahr landen wir pünktlich und ruhig in Keflavik, wo der Herr von der Autovermietung auf uns wartet. Nein, stimmt nicht genau, er wartet, aber nicht auf uns. Unser Name erscheint nirgends auf seiner Liste. Freundlicherweise nimmt er uns trotzdem mit. Ich verlange nochmals dass wir ein Auto mit Spikes bekommen, was sich später als gute Entscheidung herausstellt. Nach den Erfahrungen vom letzten Jahr werde ich im Winter immer auf den Spikes beharren.
Unterwegs zum gemieteten Häuschen treffen wir Kristian in Borgarnes. Er hat uns das Haus vermietet. Wir nehmen die Insider-Tips von Ihm gerne entgegen. Er versichert uns, dass der Weg zum Haus geräumt ist und wir hochfahren können. Beim Verabschieden schaut er misstrauisch auf unser Auto und steigt in seinen Truck ein. Zum Glück ist es bereits dunkel wenn wir zum Haus fahren, so sehen wir die Eisfelder auf der schmalen Strasse nicht… Dank dem 4×4 SUV und den Spikes schaffen wir es zum Haus. Jetzt wissen wir auch warum Kristian unser Auto so bemustert hat. In der Wohnung ist es 14 Grad kalt. Also schnell den Schwedenofen anfeuern und uns unter den Wolldecken verkriechen. Gegen 23 Uhr sehen wir das Nordlicht zwischen den Wolken durchschimmern. Wir eilen nach draussen und geniessen das Schauspiel in der Kälte.
Mittwoch
Strahlend blauer Himmel und Windstille erwartet uns heute Morgen. Für Island ist das eher ungewohnt. Der Mond lächelt durch das grosse Fenster während wir unser Morgenessen geniessen. Wir fahren über die steile, mit Eisfeldern und Schnee bedeckte Strasse ins Tal und laufen zum kleinen Bad. Leider lädt die Wassertemperatur nicht zum baden ein. Weiter gehts zum Hraunfossar. Nebst den wunderschönen Wasserfällen gibt es ein weiteres Naturschauspiel, die Touristen. Sie turnen über die Eisfelder und versuchen sich an den Seilen festzuhalten damit sie nicht wie der Hraunfossar über die Felsen fallen. Fotos schiessen wir jedoch nur vom Wasserfall. Nach dem Grosseinkauf in Borgarnes machen wir einen kurzen Abstecher zum Wasserfall in Glanni. Dank der Sternenklaren Nacht können wir bis morgens um 02:00 Uhr ein wunderschönes Nordlicht geniessen.
Donnerstag
Ein weiterer Tag mit viel Sonnenschein steht uns bevor. Auf dem Weg zum Tal bessern wir unsere Strasse etwas aus damit die Bergfahrt angenehmer wird. Das alte Wikingerhaus ist natürlich im Winter geschlossen. Trotzdem geniessen wir das schmucke Häuschen von aussen. Unterwegs halten wir bei einem alten, baufälligen Haus welches schon länger unbewohnt ist. Im Innern sieht es mehr nach einer Messi-Wohnung als nach einem Fotomotiv aus. Im kleinen Sandkaup-Laden in Budardalur bestellen wir unser Lieblingsbrot, zwei für morgen und acht Stück für zuhause. Über die wunderschöne Hochebene fahren wir nach Bordeyri und etwas die Küste hoch zu meinem Fotosujet. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob die 90 km/h die Minimal- oder die Maximalgeschwindigkeit bedeutet. Hier wird auf jeden Fall immer mehr gefahren, egal ob die Strasse trocken, eisig oder schneebedeckt ist. Wenn ich daran denke, dass die Flachland-Schweizer auf schneebedeckter Autobahn bereits mit 50km/h die Herrschaft über Ihr Fahrzeug verlieren… So gegen 22:00 Uhr wird der Himmel von dicken Wolken bedeckt so dass wir heute kein Nordlicht sehen können.
Freitag
Heute schneit es den ganzen Tag. Wir fahren trotzdem los und besichtigen die Halbinsel nördlich von Budardalur. Es geht dem Fellsströnd entlang bis an die Spitze der Halbinsel. Unterwegs fotografieren wir einige Island Pferde welche im Schneetreiben etwas Gras essen. An der Spitze empfängt uns eine wunderschöne Insellandschaft mit einem dem Wind ausgesetzten Aussichtspunkt. Zurück fahren wir dem Skardsströnd entlang und weiter über den Pass bis nach Laugar. Hier gönnen wir uns ein warmes Bad im schönen runden HotPot. Zurück in Budardalur holen wir unser bestelltes Rugbraud ab und geniessen es zuhause mit einem Kaffee. Nachdem ich mich ein weiteres Mal über die grossen Ikea Holzstücke genervt habe, suche ich in der Werkstatt ein Beil und zerkleinere einige Holzblöcke. Nun kann ich endlich ein angenehmes (und vor allem brennendes) Feuer im Schwedenofen entfachen.
Zum Nachtessen geniessen wir den von Kristian selbst gefangenen Lachs. Er ist einfach der Hammer! Ich bleibe der Meinung, dass es in Island den besten Lachs gibt. Leider haben wir diese Nacht keine Chance das Nordlicht zu sehen.
Samstag
Entgegen den Erwartungen ist heute einigermassen gutes Wetter. Nach dem Frühstück ziehen wir los zum Fuchsplateau welches einiges oberhalb dem Haus liegt. Unterwegs können wir bereits viele Fuchsspuren sehen. Da wir nicht wissen wo der Weg ist, bahnen wir unseren eigenen durch den Schnee. Es wird immer anstrengender und steiler. Nach etwa einer Stunde stehen wir auf dem Plateau wo anstelle der Füchse „nur“ eine schöne Aussicht auf uns wartet. Fuchsspuren sind keine mehr zu sehen. Ich denke die Füchse bleiben im Winter etwas unterhalb dem Plateau. Leider haben wir keine Plastiksäcke bei uns um die steilen Schneefelder hinunter zu rutschen. Als ersatz dienen die Skihose oder der Rucksack um den Rückweg etwas lustiger zu gestalten. Wir rutschen alle Schneefelder hinunter was nachträglich unserem Material (offene Nähte…) anzusehen ist. Den Rest des Tages geniessen wir mit Kaffee trinken, lesen und schreiben.
Sonntag
Heute machen wir einen Ausflug nach Stykkisholmur, der schönen Hafenstadt auf der Snaellsness Halbinsel. Die Strasse ist schneebedeckt, aber angenehm zu befahren. Im Restaurant Narfeyrarstofa trinken wir Kaffee und essen super guten Merengues Kuchen mit Kokosnuss. Nach der Besichtigung der Stadt und des Hafens geht es wieder zurück. An einigen Stellen ist der Schnee geschmolzen und hat die Piste so durchnässt dass die Fahrt sehr schwammig und und unser Auto vom Dreck kaum mehr zu erkennen ist. Nun haben wir auch ein Fahrzeug welches den Einheimischen gleicht 😉
Kristian hat uns gestern einen Link geschickt wo ein Sonnensturm angekündigt wurde. Gemäss Wettervorhersage müssen wir etwa 50 km fahren damit wir das Nordlicht sehen können. Also geht es los über den Pass Laxardalsheidi. Am Ziel angekommen warten wir bei klirrender Kälte und starkem Wind im Auto auf das Nordlicht. Das Warten lohnt sich, wir werden mit einem wunderschönen über den ganzen Himmel verteilten Nordlicht belohnt. Wir staunen und fotografieren bis uns fast die Finger abfrieren. Zum aufwärmen flüchten wir ins kalte Auto, dann wieder raus in die Kälte. Nach ca. 3 Stunden fahren wir zurück. Der starke Wind hat so viel Schnee auf die Passstrasse geweht dass wir mit genug Geschwindigkeit fahren müssen um nicht stecken zu bleiben. Unser SUV wird ständig verwiesen so dass es schwierig ist, die Spur zu halten.
Montag
In der letzten Nacht hat es sehr viel Schnee auf unseren Weg zum Haus geweht. Wir kämpfen uns mit dem Auto zur Strasse hinunter. Um den Weg etwas auszufahren kehre ich und fahre nochmals hoch. Ich merke, dass unser AWD mächtig zu kämpfen hat. Nach dem Mittagessen versuche ich nochmals, das Auto an die Strasse zu stellen. Aufgrund des starken Temperaturanstieges ist der Schnee nass geworden. Ich rutsche mehrmals beinahe vom Weg ab, kann das Auto jedoch immer wieder ins Lot bringen. 10 Meter vor dem erlösenden Eisfeld bleibt das Auto doch noch im Nassen Schnee stecken. Ich versuche das Auto vom Schnee zu befreien indem ich den flachgepressten Schnee unter dem Auto hervorkratze. Einige Bretter habe ich unter die Räder gelegt damit sie mehr Griff zum losfahren haben. Aber auch diese Versuche scheitern, das Auto aus der misslichen Lage zu befreien. Zwei strahlende Isländer steigen aus dem soeben vorgefahrenen Truck aus. Es sind die Nachbaren welche den Hof etwa 500 Meter von uns entfernt besitzen. Sie haben uns gesehen und bieten uns ihre Hilfe an. Schnell suche ich den Abschlepphaken, befestige ihn (verkehrtes Gewinde, muss man zuerst herausfinden) und hängen unser Auto an. Der Isländer zieht an, aber seine grossen Räder drehen durch. Wenn es so nicht geht, dann mit Gewalt. Er nimmt etwas Anlauf und mit einem Ruck ist unser Auto aus dem Schneefeld gezogen.
Am Abend gibt es wieder ein schönes Nordlicht, welches leider durch viele Wolken gestört wird. Weiter ist der Wind so stark, dass man es nur wenige Minuten ausserhalb des Windschatten des Häuschen aushält. Somit geniessen wie das Schauspiel mehrheitlich von drinnen.
Dienstag
Heute machen wir einen Ausflug nach Holmavik, einer verschlafenen Fischerstadt in den Westfjorden. Unterwegs beobachten wir zwei Seeadler, welche unsere Gesellschaft nicht wirklich schätzen. Sie entfernen sich auf eine sichere Distanz welche zu weit weg für unsere Zoomobjektive ist. Im Winter scheint in Holmavik nicht wirklich viel zu laufen. Mit Ausnahme des Supermarktes wo sich alle Einheimischen aufhalten und dem Hexenmuseum ist hier nichts geöffnet. Den Fjorden entlang fahren wir auf der teils matschigen, teils mit Schnee und Eis bedeckten Strassen zurück. Einige schöne Häuser laden zu einem kurzen Fotostopp ein. Wir werden teilweise von einem Lastwagen verfolgt welcher mit knapp 100 Sachen über diese Pisten rast. Eigentlich erstaunlich dass da nicht mehr Unfälle passieren…
Am Abend klart der Himmel auf und wir kommen erneut in den Genuss von einem schönen Nordlicht. Ich stelle die Kamera auf und mache ein 3-Stündiges Timelapse Video. Morgens um drei Uhr mahnt mich der Wecker, die Kamera wieder abzubauen. Müde begebe ich mich in die Kälte um die Kamera wieder ins Haus zu bringen.
Mittwoch
Wie bereits gestern nehmen wir den Fussmarsch zum Auto unter die Füsse. Der Weg ist für unser Auto immer noch nicht passierbar und wird wohl auch nicht mehr sein. Unterwegs nach Borgarnes halten wir bei einem Vulkankrater. Wir haben mehr die schönen Lavasteine im Visier als den Krater. Zwei hilflose Asiaten fragen uns nach dem Weg auf die Snaefellness Halbinsel. Wie es ausschaut haben sie noch nie eine Karte von Island gesehen. Sie haben weder einen Plan wo sie sind, noch eine Ahnung was sie anschauen wollen. Ich frage mich warum diese Leute so unorganisiert und naiv nach Island kommen. Egal, sie müssen damit zurecht kommen… Während dem Aufstieg zum Krater kommt uns eine Gruppe Asiaten entgegen die sich hilflos am Geländer festhalten. Einige liegen bereits am Boden, die Anderen werden es in den nächsten Minuten gleich machen. Tja um in Island unterwegs zu sein muss man halt doch ein Bisschen geländegängig sein. In Borgarnes vergnügen wir uns mit Shoppen und Kaffee trinken.
Die Wetterprognosen melden für die nächsten Tage Sturm und Schnee. Im Einkaufsladen fragen wir, ob der Pass Brattabekka während der Nacht geräumt wird. Anscheinend ist das nicht der Fall, was uns am Freitag Morgen (wir müssen um 05:00 Uhr los) wohl zum Verhängnis werden könnte. Morgen müssen wir uns wohl entscheiden ob wir vielleicht einen Tag früher Richtung Keflavik (oder mindestens über den Pass) fahren wollen.
Donnerstag
Der Wind und Dauerregen prägen das heutige Wetter. Die Wetterprognosen melden viel Schnee und orkanartige Winde. Wir beschliessen, doch heute abzureisen weil wir angst haben, dass wir morgen nicht rechtzeitig nach Keflavik kommen. Wir packen alles zusammen, beladen den Schlitten und verlassen das geliebte Häuschen. Auf dem Weg zum Auto kämpfen wir uns durch Wind und Regen. Ich versinke bis zum Knie im Sumpf, so dass meine Wanderschuhe mit Wasser gefüllt werden. Beim Auto angekommen packen wir alles ein und fahren Richtung Akranes los. Auf dem Pass Brattabrekka schneit es bereits sehr stark. Akranes ist eine verschlafene Stadt die die besten Zeiten schon gesehen hat. Nach einem Kaffee und einigen Einkäufen fahren wir nach Keflavik. Unterwegs halten wir beim Fabrikladen Alafosslopi um uns mit isländischer Wolle einzudecken. Der Wind hat wieder einmal aufgefrischt und bläst uns mit annähernd Orkanstärke um die Ohren. Wir ergattern uns eines der letzten Zimmer im Flughafenhotel und freuen uns auf unser gemütliches Hotelzimmer. Da die Fenster nicht wirklich dicht sind, bläst der kalte Wind pfeiffend in unser Hotelzimmer. Mit einer gemütlichen Nacht an einem warmen Örtchen können wir wohl nicht rechnen 🙁
Freitag
Der erste Griff heute Morgen ist nach meinem Handy. Ich schaue nach den Strassenbedingungen. Der Brattabekka Pass ist geschlossen, der Weg über das Laxaheidi ist noch knapp befahrbar. Das jedoch hätte auch nichts gebracht weil der Weg vom Norden über das Holtavörduheidi ebenfalls wegen Blizzard geschlossen ist. Unsere Entscheidung war also gut. Wie sich später herausstellte, waren diese Strassen noch bis nachmittags um zwei Uhr geschlossen. Also hätten wir den Flieger mehr als verpasst! Ich bringe das Auto zurück und anschliessend geniessen wir das Morgenessen im Hotel. Danach packen wir alles zusammen und laufen zum Flughafen wo unser Flieger um ca zehn Uhr startet.